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Ludwig
Wulkan
26.05.1881
St. Pölten
Kielce
Kaufmann
Herrengasse 1, St. Pölten
mussten ihre Wohnung verlassen und dreimal in St. Pölten umziehen, bevor am 12. März 1940 Zwangsübersiedlung in die Wegelergasse 4, Wien 18 erfolgte; sie wurden am 19. Februar 1941 nach Kielce deportiert
Bernhard (Berisch)
Josefine
Gross
Auguste
Ringer
Nelly

 

Steine der Erinnerung

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Ludwig Wulkan und seine Frau Auguste, geb. Ringer

„Das Haus in der Herrengasse 1 bildet mit den benachbarten Häusern sozu­ sagen das Ghetto von St. Pölten. Es ist ein düsteres, unsauberes Haus, wird von drei Judenfamilien und einem arischen Hausmeister bewohnt. Nach der Erwerbung durch die Sparkasse St. Pölten soll das Haus sofort niedergerissen werden.“ (Der Landeshauptmann in Niederdonau an den Reichswirtschafts­ minister in Berlin, 18. 5. 1940)

Ludwig Wulkan wurde am 26. Mai 1881 in St. Pölten als Sohn von Bernhard Be- risch Wulkan und dessen Frau Josefine, geb. Gross, geboren. Seine Eltern und auch drei seiner vier Geschwister sind am Neuen jüdischen Friedhof St. Pölten begraben. 1911 heiratete er in Prerau bei Olmütz (Mähren) Auguste Ringer, geboren am 7. April 1882 in Kenty (Galizien). Die beiden hatten eine Tochter, Nelly, geb. 1911 in St. Pölten, und nahmen 1927, nach dem Tod von Ludwigs Bruders Feodor, dessen fünfjährigen Sohn Ernst zu sich. Auch Ludwigs Schwester Adele lebte mit Ehemann Julius Körner und den Kindern im selben Haus.

Obwohl Ludwig Wulkan durch eine schwere Gefäßkrankheit beeinträchtigt war, baute er das kleine Geschäft seines Vaters zu einem erfolgreichen Laden für „Spezerei- und Kolonialwaren, Zuckerwaren, Landesprodukte – en gros, en detail“ aus und wurde durchaus wohlhabend. Das Haus Herrengasse 1 besaß er mit seiner Schwester und seinem Neffen Ernst zu je einem Drittel. Gemeinsam mit seiner Frau erwarb er drei weitere Häuser mit Garten und Geschäftslokalen in der Schöpferstraße 14, Franziskanergasse 8 und Mariazellerstraße 6. Allerdings machte ihm das Marktamt das Leben schwer: Zwischen 1923 und 1936 erhielt er mehr als 20 Anzeigen wegen Verstößen gegen das Lebensmittelgesetz und „sanitärer Übelstände“, die angesichts des erfolgreichen Geschäftsgangs doch eher als antisemitische Schikanen zu interpretieren sind.

Ab Februar 1938 war Ludwig durch seine Krankheit nicht mehr arbeitsfähig, seine Frau führte alleine die Geschäfte. Es folgten weitere Denunziationen beim Marktamt, vermutlich durch einen ehemaligen Mitarbeiter. Am 20. September 1938 wurde die Firma gelöscht und das Ehepaar musste die Wohnung in der Herrengasse 1 verlassen. Zwischen Juli und Dezember 1938 bewohnten sie noch nacheinander kleine Wohnungen in ihren Häusern, am Ende durften sie in der Mariazellergasse aber nur noch in einem Kellerzimmer hausen. In seiner Vermögenserklärung führte Ludwig an, dass er für die Ausreise seiner Tochter und anderer Verwandter 15.000 Reichsmark aufgewendet hatte. Seinem Mündel konnte er allerdings nicht helfen – Ernst wurde 1942, gerade 20 Jahre alt, über Theresienstadt nach Auschwitz und Gleiwitz 1 deportiert, überlebte die Vernichtungslager und wanderte nach dem Krieg zu seiner Cousine Nelly nach Santa Monica aus.

Die Liegenschaften der Wulkans wurden zuerst unter kommissarische Verwal- tung gestellt und, da die Besitzer zur Empörung der NS-Behörden den Verkauf verweigerten, im Juli 1942 von der Reichsfinanzverwaltung beschlagnahmt. Am 12. März 1940, also sechs Tage vor dem oben zitierten Schreiben, musste das Ehepaar Wulkan nach Wien 18, Wegelergasse 4 zwangsübersiedeln. Am 15. Februar 1941 hatten sich Ludwig und Auguste im Sammellager der jüdischen Schule in Wien 2, Castellezgasse 35 einzufinden und mussten dort vier Tage ausharren, bis sie am 19. Februar 1941 in das Ghetto Kielce in Polen deportiert wurden. Wann sie den grauenhaften Lebensbedingungen erlagen, ist nicht bekannt.

Nelly konnte mit ihrem Mann Rudolf Seidler, 1905 in Mank geboren, und ihrer sechsjährigen Tochter Ditta in die USA entkommen. Am 17. September 1947 leitete sie den Antrag auf die Todeserklärung ihrer Eltern ein und ließ deren Namen auf dem Grabstein ihrer Großeltern verewigen: „Im Gedenken an meine geliebten Eltern Ludwig und Auguste Wulkan. Sterbetag und Grabstätte unbe- kannt.“ Im Rückstellungsprozess wurde sie von Dr. Egon Morgenstern vertreten, 1949 wurden die Liegenschaften restituiert. Die Überlebenden der Familie Wul- kan kehrten nicht nach St. Pölten zurück.

 

Ludwig Wulkan and His Wife Auguste, née Ringer

“Together with the neighboring buildings, the building at Herrengasse 1 forms something like the ghetto of St. Pölten. It is a dismal, unclean building, home to three Jewish families and an Aryan superintendent. It will be immediately de­ molished after it has been acquired by the St. Pölten Sparkasse.” (The Governor of Niederdonau to the Reich Economic Minister in Berlin, 18. 5. 1940)

Ludwig Wulkan was born in St. Pölten on 26 May 1881 to Bernhard Berisch Wulkan and his wife Josefine, née Gross. His parents as well as three of his four siblings are buried in the New Jewish Cemetery in St. Pölten. In 1911, he mar- ried Auguste Ringer in Prerau near Olmütz (Moravia), who was born in Kenty (Galicia) on 7 April 1882. The couple had a daughter, Nelly, who was born in St. Pölten in 1911. In 1927, after the death of Ludwig’s brother Feodor, they also took in the latter’s five-year-old son Ernst. Ludwig’s sister Adele lived in the same building together with her husband Julius Körner and their children.

Although Ludwig Wulkan was impaired by a serious vascular disease, he expanded his father’s small business into a successful store for “spices and colonial goods, confectionary, and local produce – wholesale and retail” and thereby became quite wealthy. He co-owned the building at Herrengasse 1 equally together with his wife and nephew Ernst. Together with Auguste, he acquired three further houses with gardens and business premises at Schöpferstraße 14, Franziskanergasse 8, and Mariazellerstraße 6. However, the health inspector made his life difficult: Between 1923 and 1936, he was reported more than 20 times for infractions against the food laws and for “sanitary ills.” In light of his business’ success, however, these could be interpreted rather as antisemitic victimization.

From February 1938, Ludwig’s illness rendered him incapable of working and his wife continued running the business alone. Further denunciations with the health inspector followed, presumably by a former employee. On 20 Sep- tember 1938, the company was liquidated and the couple had to vacate their apartment at Herrengasse 1. Between July and December 1938, they lived in a succession of small apartments within the buildings they owned, but they were eventually only allowed to live in a basement room in Mariazellergasse. In his asset declaration, Ludwig stated that he had spent 15,000 Reichsmark on the emigration of his daughter and another relative. However, he was unable to assist his ward: In 1942, Ernst, who was just 20 years old, was deported via The- resienstadt to Auschwitz and Gleiwitz 1. He survived the extermination camps and emigrated after the war to live with his cousin Nelly in Santa Monica.

The Wulkan’s properties were placed under commissarial administration and, since the owners refused – much to the chagrin of the Nazi authorities – to sell up, the properties were confiscated by the Reich fiscal authorities in July 1942. On 12 March 1940, six days before the letter cited above, the Wulkans were forced to relocate to Wegelergasse 4 in Vienna’s eighteenth district. Ludwig and Auguste were ordered to report to the collection camp in the Jewish school at Castellezgasse 35 in Vienna’s second district on 15 February 1941. They had to endure four days there before they were deported to the Kielce Ghetto in Poland on 19 February 1941. It is not known when they succumbed to the dreadful living conditions.

Nelly was able to flee to the USA together with her husband Rudolf Seidler (born in Mank in 1905) and their six-year-old daughter Ditta. On 17 September 1947, she filed to have her parents declared dead and had their names added to her grandparents’ gravestone: “In memory of my beloved parents, Ludwig and Auguste Wulkan. Date of death and location of grave unknown.” She was represented by Dr. Egon Morgenstern in her restitution trial and received her family properties back in 1949. The survivors of the Wulkan family did not return to St. Pölten.

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