Die Errungenschaften der Revolution von 1848 ermöglichten Juden und Jüdinnen freie Niederlassung und in der Folge auch eine Gemeindegründung. Die meisten jüdischen Einwanderer kamen aus Böhmen, Mähren und Westungarn (heute Burgenland) nach Niederösterreich, sie sprachen Deutsch und waren religiös traditionell, aber nicht orthodox.
1863 wurde die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) St. Pölten offiziell gegründet. Ihr Einzugsgebiet reichte von Traismauer im Norden bis St. Aegyd am Neuwalde im Süden und von Krummnußbaum im Westen bis Hadersdorf-Weidlingau im Osten.
Mit Stand November 2020 sind uns 1.045 Personen im Umfeld der IKG St. Pölten namentlich bekannt, die zwischen 1938 und 1945 auf Grund der "Nürnberger Rassengesetze" verfolgt wurden. 577 Personen davon lebten im März 1938 auf dem Gebiet der IKG St. Pölten, von diesen wurden 321 in der Shoa ermordet, 214 konnten entkommen, bei 42 weiteren ist das Schicksal unbekannt. Für 168 weitere Personen können wir zum derzeitigen Stand nicht zweifelsfrei feststellen, ob sie im März 1938 vor Ort waren. Von diesen wurden 50 Menschen ermordet, 58 konnten entkommen. Von den übrigen 60 Personen ist das Schicksal ungewiss. Weitere 301 Menschen, in erster Linie Kinder von St. Pöltner Jüdinnen und Juden, lebten während des "Anschlusses" nicht mehr in St. Pölten, scheinen aber auf Grund der familiären Bindung im Memorbuch auf. 135 von ihnen wurden Opfer der Verfolgung, 134 konnten entkommen und von 32 Personen fehlen weitere Informationen.
Nach dem Krieg kehrten nur wenige Familien nach St. Pölten zurück, zu einer Neugründung der Gemeinde kam es nicht mehr.