Chewra Kadischa
Eine Chewra Kadischa, wörtlich: heilige Gemeinschaft, oft auch mit Beerdigungsbruderschaft übersetzt, nimmt sich der Sterbebegleitung, der Bestattung der Verstorbenen und der Armenfürsorge an. Traditionell ist die Wohltätigkeit neben dem Gebet und den religiösen Studien die dritte Form von verpflichtendem jüdischem Gottesdienst, was zu einem gut ausgebildeten Wohlfahrtssystem in jüdischen Gemeinden geführt hat.
Die St. Pöltner Chewra Kadischa konstituierte sich 1894 als Verein, doch bestand sie zumindest seit dem Jahr 1859, als in St. Pölten der erste jüdische Friedhof errichtet wurde. Zur organisierten kam noch die private Wohltätigkeit, die Zwi Gol, vormals Hermann Hahn, als Beweis für den guten Zusammenhalt unter den St. Pöltner Juden ansieht:
„Es gab in St. Pölten keine armen Juden. Die Armen, die sich als solche deklariert haben, für die tat man alles. Ich hatte zwei Cousins, die wohnten in der Stadt. Wir wohnten außerhalb der Stadt und hatten daher nicht die Ehre, von denen einen Besuch zu erhalten. Sie haben genug Möglichkeiten zum Essen im Stadtzentrum gehabt. Es gab eine Familie, eine ältere Dame mit einer Tochter, denen ich vor den Feiertagen ein schönes Paket brachte. Man sagte mir, beim Hereingehen sag’ ›Küss die Hand gnädige Frau!‹ Dabei war dies eine arme Frau. Es gab ein jüdisches Leben in St. Pölten.“