Dr. Willner promovierte 1906 in Wien, arbeitete dort im Stephanie-Spital und war ab 9. September 1912 Facharzt für Gynäkologie in St. Pölten. Seine nicht-jüdische Frau Franziska lernte er noch in Wien kennen. Am 9. Oktober 1913 heiratete das Paar in Wien, da in St. Pölten der Rabbiner Dr. Schächter die Trauung auf Grund der Verschiedenheit der Religionsbekenntnisse verweigerte. Im Ersten Weltkrieg diente Dr. Willner in der k.u.k. Armee und wurde mit dem Franz-Joseph-Orden ausgezeichnet. Das Ehepaar Willner wohnte in der Linzerstraße 1. Die einzige Tochter Olga kam 1920 zur Welt. Als sie zehn Jahre alt war, ließ sich ihr Vater taufen: „Ich glaube nicht, daß es eine Glaubenssache war, vielleicht, damit ich es leichter haben soll. […] Und es war eines: Mein Vater ist nach der Ordination nachmittags immer ins Domcafe Tarock spielen gegangen und der Dompfarrer Weber war sein Tarockpartner. […] Dem hat er gsagt, er möchte sich taufen lassen, da hat er ihm den Katechismus gegeben, »Lesens Ihna des durch«, hat er gsagt, »und dann moch ma des«.“ Als im März 1938 Hitler auf dem Weg nach Wien in St. Pölten halt machte, ist er „an unserem Haus vorbeigezogen mit dem Auto, und am Riemerplatz stand das Volk und brüllte den ganzen Tag »Ein Volk, Ein Reich, Ein Führer«. Wir haben halt die Fenster fest zugemacht. […] Der Vati ist nie zum Straßenwaschen geholt worden. Ich weiß noch, wie er gsagt hat: »Wenns mich holen, häng ich mir den Franz-Joseph-Orden um«, aber er ist nicht g’holt worden, es ist ihm nichts passiert am Anfang in St. Pölten, und wir haben geglaubt, daß doch der Jury…“. Der nachmalige Gauleiter von Niederdonau, Dr. Hugo Jury, hatte Olga Willner während ihrer Kinderkrankheiten behandelt: „[…] ich hab ihn heiß geliebt, er hat mich durch meine ganzen Kinderkrankheiten geschleust, mit Humor und ganz entzückend. Und seine Frau war Patientin bei meinem Vater. […] Er hat, glaube ich, die Hand über uns gehalten, denn nach dem Umsturz trifft ihn mein Vater auf der Straße, und der begrüßt ihn »Na Herr Kollege« und legt den Arm um ihn, und mein Vater sagt: »Lieber Herr Kollege, Sie wissen doch, daß ich ein Jud bin.« Hat der gesagt: »Na und? Sie haben ja nix angstellt.«“ Am 15. März 1938 wurde Dr. Willner als Facharzt der Kreiskrankenkasse St. Pölten vom Dienst suspendiert – „Per Telefon, nach 26 Jahren!“ – und hatte seit diesem Zeitpunkt weder als Kassenarzt noch aus seiner Privatpraxis ein Einkommen. Am 3. August 1938 meldete er sich mit Frau und Tochter nach Wien 20 ab.
Dr. Willner obtained his doctorate in Vienna in 1906, worked there at the Stephanie Hospital and was a specialist in gynaecology in St. Pölten from 9 September 1912 on. He met his non-Jewish wife Franziska in Vienna. The couple married in Vienna on 9 October 1913, as the rabbi in St. Pölten, Dr. Schächter, refused to perform the wedding ceremony due to the difference in religious beliefs. During the First World War, Dr. Willner served in the Imperial and Royal Army and was honoured with the Order of Franz Joseph. The Willner couple lived at Linzerstrasse 1 and their only daughter Olga was born in 1920. When she was ten years old, her father had her baptised: “I don't think it was a matter of faith, perhaps to make it easier for me. [...] And it was one thing: after his ordination, my father always went to the Domcafé in the afternoon to play tarot and the cathedral priest Weber was his tarot partner. [...] He told him he wanted to be baptised, so he gave him the catechism, ‘Read it through’, he said, ‘and then I'll do it’.” When Hitler stopped in St. Pölten on his way to Vienna in March 1938, he “drove past our house in his car, and the people stood on Riemerplatz and shouted ‘One people, one Reich, one Führer’ all day long. We just shut the windows tight. [...] Dad was never called to wash the streets. I remember him saying: ‘If they come for me, I'll hang the Order of Franz Joseph around my neck’, but he wasn't taken, nothing happened to him at the beginning in St. Pölten, and we believed that Jury...”. The later Gauleiter of ‘Niederdonau’, Dr Hugo Jury, had treated Olga Willner during her childhood illnesses: “[...] I loved him dearly, he got me through all my childhood illnesses, with humour and very charmingly. And his wife was a patient of my father. [...] I think he held his hand over us, because after the revolution my father met him in the street, and he greeted him ‘Well, Mr Colleague’ and put his arm around him, and my father said: ‘Dear Mr Colleague, you know I'm a Jew.’ He said: ‘So what? You haven't done anything wrong.’” On 15 March 1938, Dr Willner was suspended from his position as a specialist at the St. Pölten district health insurance fund – “By telephone, after 26 years!” – and since then had no income either as a panel doctor or from his private practice. On 3 August 1938, he left for Vienna 20 with his wife and daughter.