Das Zwangsarbeitslager in Viehofen
Dass in Viehofen bei St. Pölten ein Zwangsarbeitslager für ungarische Juden und Jüdinnen existierte, wurde über 60 Jahre lang verdrängt und vergessen. Erst durch den Brief einer damals jugendlichen Inhaftierten, Rószi Wolf, an das INJOEST wurde bekannt, dass in Viehofen jüdische Familien als Arbeitssklaven zur Traisenregulierung eingesetzt waren. Vom 10. Juli 1944 bis 8. April 1945 hausten bis zu 180 Menschen im Alter von zwei bis über 80 Jahren in drei Baracken und Hütten.
In der Nähe betrieben die Glanzstoff-Werke ein Lager für nichtjüdische Zwangsarbeiter/innen. Die Insassen beider Lager litten unter mangelnder Hygiene, Kälte, Erschöpfung und Hunger. Mutige Anrainer legten für sie Erdäpfel ins Gras. Bisher sind acht jüdische Opfer namentlich bekannt, sie ruhen in einem anonymen Massengrab in Reihe VI, Schachtgrab 19, am Hauptfriedhof St. Pölten. Rószis Vater Armin, nach dessen Grab sie im Brief fragte, starb in der Au während eines Bombenangriffs an einem Herzinfarkt. Den Luftschutzbunker durften die Häftlinge nicht betreten.
Knapp vor Kriegsende wurden die Lagerinsassen in das KZ Mauthausen getrieben. Wie viele andere Ältere und Kranke überlebte Rószis Mutter Julia diesen Todesmarsch nicht. Der Lagerarzt Dr. Ernst Balog wurde mit seiner Familie im St. Pöltner Spital von der geistlichen Schwester Andrea (Ursula Skafar) versteckt. Auch die Familien Partos und Kraus mit dem im Lager geborenen Baby Paul überlebten durch nichtjüdische Helfer. Nach dem Krieg geriet das Zwangsarbeitslager in Vergessenheit. Durch Schotterabbau zwischen 1966 und 1985 entstand an dieser Stelle der „große Paderta-See“. Heute sind die Viehofener Seen ein beliebtes Naherholungsgebiet.