Hachschara

Schon in den Jahrzehnten vor der NS-Diktatur wanderten österreichische Juden und Jüdinnen aufgrund des Antisemitismus und aus zionistischer Begeisterung nach Palästina aus. Für die Einwanderung ins Land Israel (hebr. Alija), damals Britisches Mandatsgebiet, waren vor allem landwirtschaftliche und handwerkliche Fähigkeiten gefragt. Eine der Organisationen, die sich die entsprechende Schulung ihrer Mitglieder zur Aufgabe gemacht hatten, war der 1922 gegründete „Hechaluz“ (der Pionier).

Diese Vorbereitung, hebr. „Hachschara“, konnte als „Inlandshachschara“ auf landwirtschaftlichen Gütern jüdischer Eigentümer vor allem in Niederösterreich und im Burgenland sowie in städtischen Kibbuzim in Wien und Graz absolviert werden. In Lettland, Jugoslawien, den Niederlanden und in der Tschechoslowakei gab es Einrichtungen für eine „Auslandshachschara“. 

Nach dem „Anschluss“ wurde die Auswanderung ins Land Israel besonders dringlich. Eichmanns „Zentralstelle für jüdische Auswanderung“ förderte die Hachschara und benützte sie zur Ausbeutung jüdischer Arbeitskräfte. Im Oktober 1938 wies er der Wiener IKG „arische“ Güter in Kottingbrunn, Moosbrunn und Fischamend zur Bewirtschaftung zu. Zudem forderte er von der IKG eine Liste der Teilnehmer.

Umschulungslager auf dem Gebiet der IKG St. Pölten befanden sich in Absdorf, Eichgraben, Landersdorf, Thalheim und Walpersdorf. Auch in Gerolding, Aggstein und Aggsbach gab es solche Lager, wobei Aggsbach, eines liegt nördlich und eines südlich der Donau, nicht eindeutig identifiziert werden konnte. Alle diese Lager waren vom „Hechaluz“ organisiert.

Im Sommer 1939 unterstanden vier von 15 Lagern, nämlich Aggstein, Aggsbach, Landersdorf und Walpersdorf, bereits direkt den jeweils zuständigen Forstverwaltungen. Dementsprechend wurden die meist jugendlichen Jüdinnen und Juden vornehmlich zur Waldarbeit eingesetzt. In Walpersdorf kam noch die Produktion von Baustoffen dazu. Mit landwirtschaftlicher Umschulung hatten diese Tätigkeiten nicht mehr viel zu tun.

Nach dem Abschluss des Lageraufenthaltes erhielten die Teilnehmer/innen Zertifikate der Jewish Agency für die legale Einreise nach Palästina. Die Anzahl dieser Zertifikate war allerdings begrenzt, weswegen die Alija auch illegal durchgeführt wurde.

Diese illegalen Aktionen erfolgten im Einvernehmen mit den NS-Behörden, die auf diese Weise ihrem Ziel eines „judenfreien“ Landes näherkamen und gleichzeitig die Situation der Briten in deren Mandatsgebiet Palästina erschweren wollten. Die Briten reagierten mit einer totalen Einwanderungssperre von Oktober 1939 bis April 1940. Dennoch gelang es dem erst 22-jährigen Wiener Juden Aron Menczer, bis Ende Dezember 1939 noch 419 Jugendliche illegal nach Palästina zu bringen. Anfang des Jahres 1940 mussten schließlich die Hachschara und die „Auswanderungstätigkeit“ des „Hechaluz“ eingestellt werden.

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