Überleben als U-Boot

„Zweieinhalb Jahre war ich allerweil eing’sperrt, auch die Lebensmittelversorgung war schwer, aber das wär ja noch nicht das Ärgste g’wesen. Die Angst, man hat ja unter ständiger Angst gelebt. Ich bin oft in der Nacht wach geworden, in Schweiß gebadet, da hat mir geträumt, ich höre Militärstiefel. Man hat ja auch nicht gewußt, wie es ausgehen wird. Ich hab g’sagt, der Tag, an dem die siegen, das wär der Tag g’wesen, wo ich mich umbringen hätt’ müssen. Ich hätt’ ja nicht ewig versteckt sein können.“ (Wera Heilpern)

Im Jahr 1923 nahmen Wenzel und Maria Jindra aus Viehofen die acht Monate alte Wera als Pflegekind auf. Sie war das uneheliche Kind einer jüdischen Vertreterin, die weder beim jüdischen – verheirateten – Kindesvater noch bei ihren Eltern Unterstützung gefunden hatte. Wera wuchs wie die anderen Kinder der Familie auf, nur dass sie neben dem katholischen auch den jüdischen Religionsunterricht besuchte. 1933 wurde Wera plötzlich von vier leiblichen Tanten weggeholt und hatte ab nun nur noch heimlich mit ihrer Pflegefamilie Kontakt.



Überleben in „geschützter Mischehe“

„Zittert hat man allweil, net, da sind allweil die Gerüchte kommen, jetzt kommen wir auch dran.“ (Otto Wellisch)

Einige Menschen, die nach den Nürnberger Rassengesetzen von 1935 „Voll­juden“ waren, konnten die Verfolgung am Ort überleben. Jüdische Elternteile eines „Mischlings“ sowie kinderlose jüdische Ehefrauen in aufrechter Misch­ehe waren privilegiert und wurden großteils nicht deportiert. Auch jüdische Ehemänner von „arischen“ Frauen genossen mehr Schutz. Sie überlebten, weil die Nationalsozialisten befürchteten, dass die Proteste der nichtjüdischen Angehörigen die Geheimhaltung des Vernichtungsprozesses gefährden könnten. Trotzdem zogen viele Betroffene die Flucht in das sichere Ausland vor.

Sieben St. Pöltner Jüdinnen und Juden überlebten in ihrer Heimat­stadt oder in Wien in geschützter Mischehe: Melanie Benedikt, Rudolf Bondy, Anna Mattes, geb. Gelb, Ernestine Jeschko, Alfred Kirchen­berger, Else Maurer und Otto Wellisch.