Dauerausstellung „Bei uns war ein wirklich jüdisches Leben“
Die Kultusgemeinde St. Pölten und ihre Vernichtung
Ehemalige Synagoge St. Pölten, eröffnet im September 2008.
Gestaltung: Martha Keil (Texte), Renate Stockreiter (Grafik)
Die 1863 gegründete Kultusgemeinde St. Pölten mit ihrem weiten Einzugsgebiet hatte ca. 800 Mitglieder. 1938 lebten 400 jüdische Menschen in der Stadt, heute nur noch drei. Diese lapidaren Zahlen veranschaulichen Blütezeit und Zerstörung einer lebendigen Gemeinschaft. Erinnerungen, Dokumente und Fotos, die oft auf abenteuerliche Weise über den Krieg gerettet wurden, zeigen das Leben der jüdischen Gemeinde St. Pölten: religiöse Praxis, Alltag, das rege Vereinsleben insbesondere der zionistischen Jugend, Freizeitgestaltung und Antisemitismus.
Nach dem „Anschluss“ im März 1938 entzog das NS-Regime, wie in ganz Österreich, auch den Juden in St. Pölten systematisch die Lebensgrundlage. Die Ausstellung dokumentiert die judenfeindlichen Maßnahmen und zeichnet den Weg einzelner Menschen ins Exil nach. Den meisten der weniger Begüterten gelang jedoch die Flucht nicht mehr; sie wurden zwangsweise nach Wien übersiedelt und von dort in die Lager deportiert und ermordet. Eine Station widmet sich den wenigen KZ-Überlebenden, von nichtjüdischen Rettern Versteckten und Partnern einer sogenannter „geschützten Mischehe“. Die rechtzeitig Ausgewanderten erfuhren einen sozialen Abstieg und den Verlust von Heimat, Sprache und ihren nahen Angehörigen.
310 Mitglieder der Kultusgemeinde St. Pölten wurden durch die Nationalsozialisten ermordet, eine Gedenkinstallation mit ihren Namen und Fotos befindet sich bereits seit der Ausstellung 1998 in der Synagoge. Ebenfalls gezeigt werden die künstlerischen Ergebnisse eines Schulprojekts, das sich 2004 eindrucksvoll mit der Erinnerung an diese Opfer beschäftigte. Heimkehr, Bemühen um Rückstellung des geraubten Besitzes und die Schwierigkeiten mit der offiziellen Politik des Vergessens sind ein weiterer Inhalt dieser Ausstellung. Fotos und schriftliche wie mündliche Erinnerungen ermöglichen vor allem Schüler/innen einen persönlichen Zugang zu dieser noch immer verdrängten Geschichte.
Für die Unterstützung der Ausstellung danken wir:
Land Niederösterreich – Kultur
Landeshauptstadt St. Pölten
Nationalfonds der Republik Österreich
Zukunftsfonds der Republik Österreich
Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG